Beschreibung:
Mein absoluter Nicht-Ort ist der Fahrstuhl der U-Bahn-Station Wöhrder Wiese. Sicherheitshalber steige ich an dieser Station gar nicht erst aus, sondern fahre lieber zum Hauptbahnhof. Den liebe ich zwar auch nicht allzu sehr, aber alles ist besser als die Station Wöhrder Wiese. Denn die ist samt Umgebung fest in Rattenhand. Ok, in Rattenpfoten. Und gerade bei diesem gläsernen Fahrstuhl habe ich diese Tierchen schon des Öfteren gesehen.
Natürlich weiß ich, dass die gesamte Altstadt viele dieser Mitbewohner hat. Nachts, wenn ich mit dem Hund eine letzte Runde drehe, sind sie unterwegs. Ich kann zu vielen Papierkörben, Bepflanzungen, Baumscheiben Unangenehmes aus der Welt der Nager berichten. Ich habe mich an vieles gewöhnt, passe immer auf, dass der Hund nicht versehentlich in Kontakt zu einer Ratte kommt und rede beim Gassigehen an prekären Stellen auch gern mit dem Hund – in der Hoffnung, dass die Mitbewohner mich hören, sich dann rechtzeitig von uns verstecken können und ich sie wenigstens nicht sehe.
Doch genau das ist die Vision des gläsernen Fahrstuhls. Ich stehe im Fahrstuhlkäfig hinter Glas, fahre langsam von Stockwerk zu Stockwerk und dann stehe ich Auge in Auge einer Ratte gegenüber. Sie draußen, ich drinnen. Für den Moment ist das ja noch vertretbar. Doch irgendwann muss ich den Fahrstuhl verlassen, kann nicht ewig hinauf und hinunter fahren. Und genau dann erwarten mich die Knopfaugen vor dem Fahrstuhl. Auch ganz ohne 1984 ist das eine grauenvolle Vorstellung.
Aber mir kann ja nichts geschehen, denn die Station Wöhrder Wiese meide ich konsequent!